Moritz Jenz aus Berlin lebt seinen Traum bei Celtic Glasgow

Von Haselhorst in den Celtic Park: Moritz Jenz ist nach Andreas Thom der zweite Berliner Profi bei Celtic Glasgow. In Schottland blüht der 23-Jährige auf, spielt Champions League – und setzt sich auch für die Umwelt ein.

Es sieht gut aus für den Celtic Football Club. Nach zwei Dritteln der Saison führt der Kultklub aus Glasgow die schottische Premiership an – mit neun Punkten Vorsprung auf den ersten Verfolger und ewigen Rivalen Glasgow Rangers. Bringen die Celtics den Vorteil in den kommenden Monaten und auch durch die Finalrunde am Ende der Spielzeit ins Ziel, würde Meisterschaft Nummer 53 auf den Briefkopf kommen, womit man nur noch zwei Titel hinter dem Rekordchampion aus dem Nachbarbezirk liegen würde.

Für einen Mann aber wäre dieser Triumph etwas noch viel Größeres: Moritz Jenz (23). Der gebürtige Berliner und Innenverteidiger der „Bhoys“ würde dann nämlich seinen ersten Titel als Profi-Fußballer gewinnen. In den drei Jahren seiner noch jungen Karriere als Profi war die Gelegenheit dafür noch nie so gut wie jetzt. „Das wäre schon etwas Besonderes“, sagt der Berliner. Jenz oder nie.

Mit der Meisterschaft hätte Moritz Jenz dann sogar schon einer großen Celtic-Legende etwas voraus. Denn der gebürtige Rüdersdorfer Andreas Thom, der beim BFC Dynamo Profi wurde und zwischen 1995 und 1998 der erste Berliner Fußballer bei den grün-weiß-gestreiften Schotten war, wurde zwar zum Fanliebling und 1996 auch zum Spieler der Saison gewählt – zu offiziellen Meisterehren kam Thom mit Celtic aber nicht, weil er ein halbes Jahr vor Celtics Meisterschaft 1998 zu Hertha BSC in die Bundesliga zurückkehrte. Trotzdem ist Jenz schon des Öfteren auf seinen populären Landsmann angesprochen worden, kennengelernt haben sich die beiden aber noch nicht. Jenz sagt: „Es wäre cool, wenn er mal in Glasgow wäre.“

An all das war noch nicht zu denken, als Moritz Jenz Mitte der 2000er beim SC Alemannia 06 im Spandauer Ortsteil Haselhorst mit dem Fußballspielen begann. Von dort ging es weiter zum SC Siemensstadt und schließlich in die Nachwuchsschmiede von Tennis Borussia, wo seine vielversprechende Laufbahn erste Konturen bekam. „TeBe war für mich eine richtig geile Zeit“, sagt Jenz heute voller Dankbarkeit. Gerne erinnert er sich an die Zeit unter Trainer Volker Holstein zurück, der noch heute Talente am Eichkamp ausbildet. „Wir haben viele Turniere gespielt, auch gegen internationale Gegner, sind viel gereist. Da hat man sich schon ein bisschen wie ein Profi gefühlt.“

Genau diese Vergleiche mit europäischen Topklubs aber bereiteten 2015 auch seinen Abschied aus Charlottenburg vor. Der FC Fulham aus London war auf den großgewachsenen Berliner aufmerksam geworden und holte ihn in seine Akademie. Auch Wolfsburg, der HSV und Hertha BSC wären Optionen gewesen, „ich habe aber von der Premier League geträumt und England als das größere Abenteuer gesehen“, erklärt Jenz.

Gegen den Besten der Welt: Moritz Jenz verteidigte 2021 in der Ligue 1 gegen Lionel Messi. Foto: FC Lorient

Sein Profi-Debüt feierte der Abwehrspieler im Sommer 2020 aber in der Schweiz beim Erstliga-Aufsteiger FC Lausanne. Ein Jahr später wechselte Jenz für 3,5 Millionen Euro in die französische Ligue 1 zum FC Lorient, wo er auch schon gegen Lionel Messi verteidigen durfte.

Seit Juni 2022 ist das einstige TeBe-Talent nun an Celtic Glasgow ausgeliehen und damit bei einem der schillerndsten Klubs im Weltfußball angekommen. „Sobald du hier bist, weißt du, dass das etwas anderes ist“, umschreibt Jenz die Faszination Celtic. „Dieser Verein ist oldschool und ein bisschen mystisch. Die Fans bluten für den Verein und als Spieler repräsentierst du einfach eine Riesengeschichte.“ Wenn die 60.000 Fans im legendären Celtic Park Stimmung machen und den Depeche-Mode-Klassiker „Just can‘t get enough“ belkantieren, „dann spürst du das bis unters Dach“, schwärmt Jenz. „Die Atmosphäre ist brutal und dynamisch. Sich einmal Celtic anzuschauen, sollte bei jedem auf der Bucket List fürs Leben stehen“, sagt der 1,90 Meter große Innenverteidiger und ergänzt: „Es fühlt sich an, als ob man für Real Madrid spielen würde – nur in Schottland.“

Apropos Real: Ausgerechnet gegen die Königlichen spielte Jenz im September seine Ouvertüre in der Champions League. Für den Deutschen reichte es zwar zu einem Trikottausch mit Weltmeister Toni Kroos, aber nicht zum Weiterkommen in der Gruppenphase. Als Tabellenvierter hinter Madrid, RB Leipzig und Shakhtar Donezk verpasste Celtic auch das Überwintern in der Europa League. „Schade, sonst hätten wir vielleicht gegen Union spielen können“, sagt Jenz.

Glücklich in Glasgow: Der Leihvertrag von Moritz Jenz bei Celtic läuft bis Sommer 2023. Der Innenverteidiger würde gerne darüber hinaus in Schottland bleiben. Foto: Celtic Glasgow

Für die Köpenicker hat der Spandauer große Hochachtung übrig, trotzdem sympathisiert er eher mit Hertha und hofft, dass auch die Blau-Weißen mal wieder eine Stadtmeisterschaft feiern können. Genauso wie Hertha „habe ich aber auch TeBe im Herzen“, sagt Jenz. „Es wäre schön, irgendwann mal wieder am Kühlen Weg vorbeizuschauen.“

Man merkt, dass da einer ist, der nicht vergessen hat, wo er herkommt – und der sich auch über den Fußball hinaus Gedanken macht. So will Moritz Jenz auch seine Reichweite nutzen, um auf den Klimawandel, Umwelt- und Ozean­verschmutzung aufmerksam zu machen. „Ich glaube, das ist auf der Welt Thema Nummer eins in der Zukunft.“ Jenz selbst klebt sich zwar lieber an seinen Gegenspielern als auf Berlins Straßen fest, „das Problem ist doch aber, dass die Demonstranten der Letzten Generation so verzweifelt sind und gar nicht anders gehört werden“.

Wie es mit dem Klima weitergeht, ist aber genauso ungewiss wie mit seiner eigenen Zukunft. Das Leihgeschäft mit Lorient endet im Sommer, dann kann Celtic eine Kaufoption ziehen. „Celtic wäre meine erste Wahl“, sagt Jenz, „aber im Fußball kann man es nicht selbst steuern.“ Erstmal will er Meister werden. Doch selbst, wenn das nicht gelänge, würde das Jahr 2023 für Moritz Jenz ein Unvergessliches werden. Im Februar erwarten er und seine Frau ihr erstes Baby. „Ich hoffe, dass ich dann mit meinem Kleinen den ersten Titel feiern kann.“

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